Bauwagenprojekt
Es war einmal ein alter Bauwagen, der verlassen und allein auf einem einsamen Betriebshof stand. Traurig dachte er an längst vergangene Jahre, als fröhliche Bauarbeiter in ihm ihre dicken Pausenbrote aßen, in der Bildzeitung blätterten und sich lustige Geschichten erzählten, bis der Polier sie aus ihrem gemütlichen Beisammensein riss.
Die letzten Jahre in der Einsamkeit hatten dem alten Bauwagen sichtlich zugesetzt. Die Farben blätterten an allen Ecken und Schmierfinke hatten ihn zudem mit Farbe besprüht. "Ach", seufzte der alte Bauwagen oft. "Ach, wenn ich doch nur für jemanden nützlich sein könnte!"
Das hörten auch Pauline und die braven Menschen, die ihre Kinder in die Grundschule zu Anzefahr brachten. Fleißig machten sie sich an die Arbeit und strichen die Innenwände des alten Bauwagens, bis diese wieder weiß leuchteten.
Schließlich bauten sie noch Regale und einen Tisch ein und stellten ein paar Blümchen in das Fenster, auf dass sich ihre Kinder in dem alten Bauwagen genau so wohl fühlten wie einst die lustigen Bauarbeiter.
Auf die Tür wurde Magnetfarbe gestrichen, so dass die quirligen Grundschüler das ABC mit Magnetbuchstaben üben konnten.
Der alte Bauwagen konnte sein Glück kaum fassen, als ein braver Landwirt ihn an seinen Traktor hing und ihn auf eine wunderschöne Wiese zog. Damit der alte Bauwagen nicht mehr zittern musste, wurde ihm eine feste Unterlage gebaut. "Ei, was bin ich für ein Glückspilz", dachte der alte Bauwagen und vor lauter Freude lief ihm eine kleine Träne über die Scheibe.
Es vergingen einige Tage, als sich erneut fleißige Handwerker um den alten Bauwagen versammelten. Sie sagten: "Nun ist es an der Zeit, dich auch von außen schön werden zu lassen, so wie es ein alter Bauwagen verdient hat!" So sagten die Männer und machten sich an die Arbeit die Außenhaut des alten Burschen abzuschmirgeln. Der alte Bauwagen hatte Mühe, nicht laut los zu lachen, denn das Schmirgelpapier kitzelte ihn sehr.
Als die alte Farbe aufgeraut und der letzte Staub weggeblasen war, machte sich einer der Männer daran, den alten Bauwagen mit wunderschöner, himmelblauer Farbe zu besprühen. Er ließ erst von seiner Arbeit ab, als der alte Bauwagen über und über mit der himmelblauen Farbe bedeckt war.
Als es Abend wurde, war die Arbeit der ehrlichen Menschen getan. In der untergehenden Sonne stand der alte Bauwagen und er sah so schön aus, dass es eine Freude war, ihn anzusehen.
Längst sind die Kinder der Grundschule in den alten Bauwagen eingezogen, essen dicke Pausenbrote, blättern in Büchern oder erzählen sich lustige Geschichten bis sie der Lehrer aus ihrem gemütlichen Beisammensein reißt.
Manchmal bleiben Wanderer vor dem alten Bauwagen stehen und dann kann man sie sagen hören: "Welch ein Glück haben diese lustigen Kinder, dass sie Eltern haben, die für sie so viel Arbeit auf sich nehmen und ihnen ein so schönes Geschenk machen.!"
Die braven Leute feirten ein rauschendes Fest, um den alten Bauwagen willkommen zu heißen.
Fotos und Text: Georg Kohl
Erstellt: E. Bürger-Schoor